Diskussionsveranstaltung in der Tag- und Nachteule

„Wehrpflicht für alle: Ja oder Nein?“ So lautete das Thema der Diskussion, zu der das Team der „Tag- und Nachteule“ interessierte Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte in die gleichnamige gemeinsame Bücherei der Adolf-Reichwein-Schule und der Abendschulen eingeladen hatte. Gerd Bauz von der Martin-Niemöller-Stiftung und Hauptmann der Bundeswehr Alexander Schäbler, die als Gesprächspartner fungierten, konnten trotz der zu erwartenden inhaltlich kontroversen Positionen gleich zu Beginn der Veranstaltung eine Gemeinsamkeit feststellen: Beide hatten seinerzeit vom Recht auf Wehrdienstverweigerung Gebrauch gemacht und leisteten ihren Ersatzdienst in Krankenhäusern ab.
Die berufliche Entwicklung der beiden Männer war zwar beiderseits von Engagement für die Gesellschaft geprägt, verlief jedoch in sehr unterschiedliche Richtungen: Während Gerd Bauz Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt auf Friedens- und Konfliktforschung studierte und seinen Fokus bis heute klar auf die Überwindung militärischer Auseinandersetzungen legt, fand Alexander Schäbler nach einer zivilen medizinischen Ausbildung zur Bundeswehr, studierte dort, war in Auslandseinsätzen tätig und ist heute als Jugendoffizier aktiv.

Lutz Hermann, der die Diskussion moderierte, begann mit einem persönlichen Statement, in dem er den russischen Angriffskrieg in der Ukraine als Auslöser nannte, der ihn dazu brachte, seine bis dahin ablehnende Haltung zur Wehrpflicht zu hinterfragen. Diesen Impuls nahm Herr Bauz gerne für einen ersten Exkurs zur Weltpolitik auf, und auch Hauptmann Schäbler trug seinen Teil zur historisch-politischen Bildung des Publikums bei. Die fast zeitgleich stattfindende Abstimmung im Bundestag über die notwendige Grundgesetzänderung für das neuaufzunehmende Sondervermögen für Verteidigung dessen Folgen blieb dabei nicht unerwähnt. Hauptmann Schäbler fokussierte dann die Unterscheidung zwischen Wehrdienst und Wehrpflicht und erläuterte die von der vormaligen Bundesregierung angedachte Einführung eines Wehrdienstes auf freiwilliger Basis. Er machte deutlich, dass Deutschland zum Zwecke der Verteidigung im Moment nicht gut aufgestellt sei und dass Entscheidungen für die Zukunft der Bundeswehr sowie für die Verteidigungsfähigkeit des Landes durch die politischen Verantwortlichen getroffen werden müssen. Gerd Bauz ergänzte, dass das Mittel der Kriegsdienstverweigerung vom Gesetzgeber schon immer vorgesehen worden sei. Die Gesprächspartner waren sich hinsichtlich der individuellen und gesellschaftlichen Folgen eines Kriegseinsatzes von Soldatinnen und Soldaten einig, dass diese teilweise traumatischen Konsequenzen nur durch eine Vermeidung von Krieg an sich verhindert werden können. Alexander Schäbler betonte jedoch, dass gleichermaßen der Frieden glaubhaft verteidigt werden müsse. Nach Gerd Bauz führe dies jedoch zu Wettrüsten, was es zu verhindern gelte. Er sei zwar im Moment für den Fortbestand der Bundeswehr, plädiere jedoch dafür, langfristig eine Politik des Ausstiegs aus dem Militärischen zu verfolgen. Die Schülerinnen und Schüler mischten sich gerne in die Debatte ein, stellten Fragen und machten eigene Ansichten deutlich. So wurden Impulse in Bezug auf die Freiwilligkeit eines verpflichtenden Dienstjahres für Schulabgängerinnen und Schulabgänger, sei es ein Wehrdienst oder ein anderer Dienst für die Gesellschaft, geäußert, die gesellschaftliche Anerkennung der freiwillig Dienstleistenden angesprochen und auch die Frage nach Generationengerechtigkeit in den Raum gestellt. Auch wenn nicht auf alle Fragen erschöpfend Antwort gegeben werden konnte, wurde deutlich, dass die anwesenden Mitglieder der Schulgemeinde unterschiedliche Denkanstöße aus der Diskussion mitnehmen konnten. Gerd Bauz und Hauptmann Schäbler waren sich am Ende der Veranstaltung einig, dass sich jeder gesellschaftlich in eigener Sache engagieren könne und solle, um individuelle sowie kollektive Verantwortung zu übernehmen und einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

Lei

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